Der Morgen beginnt entspannt. Frühstück um 9 Uhr.
Wir fahren zum Parque Nacionale Queulat und beginnen mit einer Wanderung durch den subarktischen Bergregenwald. Zum Glück ist das Wetter heute auf unserer Seite und wir können im strahlenden
Sonnenschein die großartige Vegetation genießen. Am Ende erreichen wir den Aussichtspunkt mit einem gigantischen Blick auf das Eis des hängenden Gletschers Ventisquero Colgante und den 150 Meter
hohen Wasserfall. Und wir machen Pause, der Anstieg war nicht ganz ohne und alle sind ziemlich hungrig. Also werden die mitgebrachten Stullen ausgepackt und die Kekse werden in Windeseile vernichtet.
Wenn man länger steht, wird es doch kalt. Im Regenwald und in Bewegung war das doch eine schweißtreibende Angelegenheit, jetzt im Ruhezustand macht sich die Gletschernähe bemerkbar. Also machen wir
uns wieder an den Abstieg. Durch Rinnsale und Matschpfützen, was für ein Spaß.
Am Ende machen wir noch einen Abstecher zur Gletscherlagune mit strahlend blauem Wasser und wandern den Lehrpfad entlang, wo die Entstehung der Lanschaft mit seinen Bäumen, Flechten, Moosen und
riesigen Steinen erklärt wir
Auf dem Rückweg geht es wieder über die Carretera Austral nach Puyuhuapi. Und das ist eine Nervenprobe. als ich gesagt habe, dass diese wichtige Verkehrsader komplett asphaltiert ist, war das glatt gelogen. Sie soll asphaltiert werden. Und das ist ein Jahrhundertprojekt. Südlich von Puyuhuapi werden Berghänge weggesprengt, um die Straße auf zwei Spuren zu verbreitern. Also insgesamt zwei, eine hin und eine zurück. Das war bisher nämlich nich überall der Fall, aber immerhin gab es Ausweichbuchten. Tja, und da wird dann eben mal eben für eine halbe Stunde die Straße gesperrt und der Verkehr in eine Richtung an der kilometerlangen Baustelle vorbeigeführt. Das Ganze dann nicht nur einmal. Als wir gerade denken, es sei geschafft, steht hinter nächsten Kurve wieder eine nette Dame mit Warnweste und Stoppschild. Und wir müssen wieder warten...
Irgendwann erreichen wir dann doch unser Hotel. Und Hilde, Ursulas Tochter, erwartet uns schon mit Kaffee ... und gewaschener Wäsche. Sie ist zwar nicht porentief rein und wahrscheinlich auch nicht mit Perwoll gewaschen, aber sie riecht zumindest wieder frisch.
Abends gehen wir wieder in ein Restaurant und wir bekommen Lachs aus dem nahen Fjord, mit Kartoffelpüree und Gemüse. Sehr lecker. Dazu noch der Sonnenuntergang über dem See. Ich glaube, sowas nennt man Urlaub. Der Vorteil im Gegensatz zu dem gestrigen Abend, sie haben immerhin neun Dosen Bier im Kühlschrank. Gestern gab es nur fünf. ;-)
Auch heute ist die Abreise entspannt. Frühstück um 8, Abfahrt um 9... klappt. Auch wenn sich langsam der Schlendrian einstellt und immer wieder die Gleichen nicht aus dem Quark kommen. Dann müssen sie nochmal auf Klo, haben den Schlüssel vergessen abzugeben und brauchen ewig ihre Sachen im Bus zu verstauen.... Nein, ich bin es nicht!
Wir brauchen wieder lange durch die Baustelle und nochmal länger, um uns den Pass hochzuschrauben. Aber oben angekommen erwartet uns eine kleine Wanderung durch den Regenwald, die für die nervige
Anreise entschädigt. Der gestrige Wald war schon super, aber der heutige ist der Hammer. Ein richtiger Zauberwald. Fehlen nur die Elfen und Gnome... aber vielleicht habe ich sie auch einfach nicht
gesehen.
Wir fahren weiter, vorbei an satten Regenwäldern, langen Wasserfällen und eisbedeckten Gipfeln. An einem Aussichtspunkt machen wir vor traumhafter Kulisse Mittagspause.
Der heutige Tag steht unter dem Motto "Der Weg ist das Ziel" und so,reicht es, einfach aus dem Fenster zu gucken und den Aus- bzw. Anblick dieser großartigen Landschaft zu genießen. Immer mal wieder machen wir einen kurzen Fotostopps, dann geht es weiter bis Coyhaique. Während Petra und Frank im Supermarkt die Vorräte auffüllen, Bummeln wir durch die Stadt, übrigens mit 70.000 Einwohnern die größte in der Umgebung, und lassen das das chilenische Leben auf uns wirken.
Am Abend beziehen wir das Hotel. Alles ist ziemlich steril und unpersönlich, kein Vergleich zu den Herbergen der letzten Nächte mit Familienanschluss, aber so ein großes, sauberes Zimmer, wo tatsächlich ALLES (Licht, Heizung, Wasser, WLAN...) funktioniert, ist auch mal ganz schön. So komme ich doch vor dem Essen auch mal dazu, ein paar neue Fotos hochzuladen.
Abendessen gibt es im Hotel. Bayern-Peter feiert seinen 50. Geburtstag und schmeißt ne Runde Pisco Sour. das chilenische Nationalgetränk aus Pisco, Zitronensaft und Eiweiß, und wir lassen es uns auch den Rest des Abends gutgehen.
Heute gibt es wohl eines der "besten" Frühstücke der Reise. In unserem Luxusschuppen gibt es Buffet. Ob das allerdings wirklich besser ist, als unser Camperfrühstück wage ich zu bezweifeln. Aber es ist alles da, Wurst, Käse, Müsli, Eier... nur über den Geschmack lässt sich ja bekanntlich nicht streiten.
Wir machen uns um halb neun auf Richtung argentinische Grenze. Die Chilenen sind bei der Abfertigung sehr flott... der Argentinier hat wohl Langeweile. Die Personenkontrolle bringt er schnell hinter sich, aber beim Auto ist er sehr pingelig. Die Motornummer wird kontrolliert, alle Papiere genauestens unter die Lupe genommen. Irgendwann gibt er auf, weil,er nichts findet und lässt uns ziehen.
Die Landschaft ändert sich. War es eben noch satt und grün, stehen wir jetzt in der argentinischen Steppe... oder Pampa. Kein Busch ist höher als zwanzig Zentimeter und die Öde geht bis zum Horizont. Höchstens mal durchbrochen von ein paar Pappeln. Die wurden gepflanzt um die Häuser der Estancias vor dem immer wehenden Wind zu schützen. In diesem Gebiet wohnen 0,8 Menschen auf einem Quadratkilometer... dicht besiedelt ist anders.
Wir besuchen eine Estancia und bekommen einen Einblick in die Schafscherhalle. Hier werden im Frühjahr, also bald, zigtausend Schafe ihrer Wolle entledigt. Sie wird dann gleich bewertet und verpackt. Ein Kilo Wolle bringt zurzeit 2 Euro und ein Schaf bringt pro Jahr etwa 4 Kilo... ein mühsames Geschäft.
Wir fahren weiter und machen "Vesper" (der Schwabeneinfluss macht sich bemerkbar) auf dem riesigen Land der Estancia. Inmitten von Kühen, Schafen, Flamingos und Gänsen. Es liegen aber auch jede Menge Knochen und Kadaver herum, denn es gibt für die Tiere keine Ställe und nicht alle Tiere überleben den Winter. Uns schmeckt es trotzdem und an den starken Wind gewöhnt man sich auch und zieht sich entsprechend an... Aber ab morgen beginnt wohl die Zeit der langen Unterbüxen. Die Sonne wärmt zwar, aber der Wind ist doch ziemlich frisch.
Auf unserer Reise geht es weiter Richtung Süden. Wir erreichen, nach stundenlanger Schotterpistenfahrt, irgendwann die Ruta 40 und damit mehr oder weniger die "Zivilisation". Aber auch hier ist die Besiedelung eher sehr vereinzelt. Die Siedler sehen eher klein, weiß und kuschelig aus. Und dann treffen wir noch einen anderen interessanten Bewohner. Unser erstes Gürteltier läuft am Straßenrand entlang und dient als begehrtes Fotomodell.
Am Nachmittag beim Tankstopp gibt es Kaffee... endlich wieder echten Kaffee, keinen Nescafé! ;-) Wir fahren weiter durch eine grandiose Landschaft. Die Ebene wird wieder hügeliger und die einheimische Tierwelt lässt sich auch blicken. Jede Menge Guanakos und auch ein Nanduvater mit seinen zehn Kindern kreuzen unseren Weg. Und plötzlich wird die Erde rot. Das sieht durch die tief stehende Sonne noch verstärkt. Wir machen einen Stopp, laufen durch die Gegend, lassen uns vom Wind tragen und freuen uns wie Kinder über die Schattenbilder und die wunderbaren Farbspiele. Kurze Zeit später erreichen wir die Estancia, unsere nächste Herberge. Petra hatte uns darauf vorbereitet, dass wir mit sehr einfachen Verhältnissen rechnen müssen, dass das Wasser nicht immer heiß ist und es nur an wenigen Stunden Strom gibt. Ich bin angenehm überrascht. Es ist alles sauber, das Bad sieht besser aus als an anderen Stätten der Vortage und warm ist es auch. Ja, ok, das Wasser ist kalt und Strom gibt es auch noch nicht, aber vielleicht schmeißen sie ihren Generator ja irgendwann mal an... wäre ganz gut, ich muss dringend den Akku meiner Kamera laden!
Ich laufe noch etwa herum, gucke mir die Gegend an und bereite mich auf das Abendessen vor. Der Wind pustet ordentlich ums Haus und lässt das Wellblechdach klappern. Gut, dass ich Ohrstöpsel dabei habe... das ist auch ganz gut, weil der Schnarch-Hannes direkt im Zimmer neben mir schläft. Susanne und Jürgen hatten das Vergnügen letzte Nacht und waren darüber nicht besonders erfreut... um nicht zu sagen, ziemlich genervt.
Abends gibt es natürlich Steak. Mit Röstzwiebeln und Kartoffelspalten. Sehr lecker.
Der Sonnenuntergang ist fantastisch und der Wind pustet ums Haus. Wir sitzen noch bei einem Glas Rotwein vorm Kamin, bevor es in die Zimmer geht.
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