Höher, immer höher...

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Tag 4 - Jagat nach Dharapani (1.860 m)

Irgendwie hänge ich doch noch im Jetlag fest, einschlafen hat nicht so gut geklappt, durchschlafen dann zum Glück schon. 

Um 6.15 Uhr klingelt der Wecker, 7 Uhr Frühstück, vorher müssen die Taschen zu den Trägern. Also, alles wieder in die Tasche quetschen, aber das klappt von Tag zu Tag besser und das Komprimieren des Schlafsackes habe ich auch schon optimiert. Zum Glück nicht erst am letzten Tag. 

Zum Frühstück gibt es das, was wir gestern Abend aus einer ziemlich großen Karte auswählen konnten. Pancakes, Porridge, Omelett oder ganz einfach Toast mit Marmelade. Ich wähle natürlich die Pfannkuchen… gute Wahl. 

Und dann startet unser erster Wandertag. 

 

Erst ein Stück die „Straße“ entlang, dann biegen wir ab, immer am Wasser entlang, vorbei an schönen Blumen, riesigen Weihnachtssternen und noch viel größeren Gerölllawinen. Man sieht schon, dass die Erde hier immer in Bewegung ist. 

Es geht gemäßigt bergauf und dann auch wieder mal bergab. Das Wetter ist perfekt. In der Sonne schon ganz schön warm, aber das ist kein Gemecker das ist pure Freude. Mittags, nach knapp vier Stunden Wanderung mit mehreren Trinkpausen, kommen wir in ein kleines Dorf namens Tal und es gibt… Dal Bat. Wenn ich überlege, dass die Nepalesen das wirklich dreimal am Tag essen… ok, drei Wochen lang einmal am Tag halte ich aus. Es ist wirklich lecker. Dazu gibt es Tee. Wir haben die Wahl und entscheiden uns für frische Minze und Lemon, was eher heiße Zitrone ist. 

 

Nach zwei Stunden Pause geht es weiter. Die Sonne verschwindet langsam hinter den (sehr hohen) Bergen und es wird frischer, aber nicht unangenehm. Sie Strecke ist wie am Vormittag und nach weiteren drei Stunden Wanderung erreichen wir unser Ziel: Dharapani

Wir beziehen wir kleine Häuschen und bekommen einen Vorgeschmack auf die nächsten Tage: Keine Heizung im Zimmer, kein WC oder Bad, das ist über den Hof. Inzwischen ist es ziemlich frisch und wir sind ziemlich  verschwitzt. Also wird kalt geduscht. Kurz, ganz kurz, aber es fühlt sich besser an. Aber wenn das Thermometer minus anzeigt, werde ich das Waschen einstellen. Die Haare müssen eh noch ein paar Tage warten… oder Wochen.

 

22,06 km, Gehzeit : 7:10 h, 1279m hoch, 767 m runter

 

Tag 5 - Dharapani nach Chame (2.670 m)

Was für eine Nacht, erst war es kalt, dann musste ich dringend aufs Klo und beides zusammen, ganz schlecht. Ich konnte mich einfach nicht aufraffen, den Schlafsack zu verlassen. Irgendwann ging es nicht mehr und ich bin doch schnell über den Hof gesprungen. Danach war dann alles gut. 

 

Und dann geht es wieder los. Frühstück um sieben, Taschen vorher vor die Hütte, dann Frühstück. Das mit dem Pancake war gestern super, heute wieder. 

Danach machen wir uns direkt wieder auf den Weg. Das Wetter ist super, die Sonne scheint, aber es ist schon merklich kälter als gestern. Und so schrauben wir uns langsam höher. Der Weg, immer anders. Ein Teil verläuft auf der Straße, der ursprüngliche Wanderweg ist im letzten Jahr bei der großen Überflutung weggespült worden. Die Straße ist grundsätzlich ok, aber es kommen ganz schön viele Autos und Motorräder und dann muss man schnell zur Seite springen und das nervt etwas. Zwischendurch geht es aber auch immer mal wieder abseits weiter, steil bergauf. Schnell schrauben wir uns 400 m nach oben, wobei schnell natürlich relativ ist, denn das Tempo ist ziemlich gering. Im Hintergrund erfreuen uns immer wieder die schneebedeckten Gipfel und natürlich die Sonne, die von einem quietschblauen Himmel scheint. 

Wir sind doch schneller als geplant und so erreichen wir Timang, den Platz für unsere Mittagspause. Es gibt… Dal Bat. Das gefällt mir wirklich immer mehr. Morgen esse ich aber mal etwas anderes. ;-)

Der Ausblick ist herrlich und die Sonne scheint uns ins Gesicht. Nach 1,5 Stunden marschieren wir weiter und kommen an Tempeln, Gebetsmühlen und einer StuPa vorbei. Der Buddhismus wird immer präsenter.

 

Und auch auf der zweiten Etappe des Tages sind wir schneller als gedacht und so erreichen wir Chame schon um kurz vor drei. Das Hotel wird bezogen. Die Zimmer sind einfach, aber sauber. Vielleicht etwas zugig, aber der Schlafsack mit einem Komfortbereich bis -15 Grad wird reichen, damit ich in der Nacht nicht frieren werde. Und ich hoffe, dass ich nicht wieder raus muss, denn das ist wirklich eine Herausforderung. 

 

Wir treffen uns nach dem Auspacken - das geht schnell: Kulturtasche raus, Schlafsack auspacken, Kopfkissen aufpusten, Powerbank anschließen, fertig - im Hof und machen noch einen kleinen Gang durch den Ort. Auf dem Weg hatten wir ein kleines Café gesehen und der Geruch von frischen Kaffee und leckerem Kuchen ist Verlockend. Also kehren wir dort ein und gönnen uns eine leckere Zimtschnecke und Kaffee… um dann fast direkt zum Abendessen zu gehen. Nein, es gibt kein Dal Bat. Diesmal Momos, die nepalesische Mischung aus Ravioli und Maultaschen. Hinterher bleiben wir noch ein bisschen im Aufenthaltsraum sitzen. Da ist es warm und die Rückkehr in die Zimmer, und den kalten Schlafsack, kostet dann doch Überwindung.

 

Distanz: 15,83 km, Gehzeit 5:35 h, 975 m hoch, 272 m runter)

 

Tag 6 - Chame nach Pisang (3.200 m)

Bei dem Ausblick auf die Berge geht der Tag doch gleich super los. Die Sonne scheint, Frühstück ist lecker und auf geht es Richtung Upper Pisang. Bei Pisang muss ich an Pisang Abon denken… war das in den 80ern nicht mal so ein fieses Zeug wie Bols? Egal. 

Fies ist es überhaupt nicht. Heute ist die Wanderung sehr abwechslungsreich. Es geht zwischendurch steil bergauf, teilweise sehr moderat oder auch mal ganz eben. Was ich überhaupt nicht verstehe: Wir sind bei fast 3.000 Metern und es wachsen immer noch Bäume. Ich habe mal in der Schule gelernt, die Baumgrenze liegt bei 1.800 m… gilt wohl nur in Europa. Hier ist es auf jeden Fall noch sehr bewaldet und manchmal erinnert es mich tatsächlich ein bisschen an den Schwarzwald. Das ändert sich aber irgendwann und wir kommen in das größte Apfelanbaugebiet Nepals. Auf dieser Höhe, verrückt. Wir machen eine Pause und wer mag, kann Apple Pie oder Apfelsaft kaufen, aber auch der Kaffee ist lecker, ganz ohne Apfel. 

Wir gehen langsam, sehr langsam weiter nach oben. Mittagessen gibt es in Sdhikur Phokari. Und es gibt… genau Dal Bat. Das Ganze ist nicht nur ein Witz, es hat sogar einen ernsthaften Hintergrund. Angeblich hilft dieses Gericht, die Höhe besser zu vertragen. Genauso wie eine Knoblauchsuppe am Abend. Der Ausblick von der Dachterrasse ist Atemberaubend, im Hintergrund sehen wir den schneebedeckten Anapurna 2. (Ich weiß, die Namen sind nicht sonderlich einfallsreich, aber mich hat ja keiner gefragt). Der Himmel ist dunkelblau, die Sonne scheint. Perfekt. 

 

Nach einer 1,5 stündigen Pause geht es noch eine gute Stunde weiter nach Upper Pisang, wo wir unser Hotel mit eben jenem tollen Ausblick beziehen. Jeder bekommt sein Zimmer, die Taschen werden ausgepackt, der Schlafsack gelüftet und wir treffen uns noch auf der Terrasse in der Sonne bevor es hoch zum Kloster geht. Awi, unser Guide, erzählt uns vom Buddhismus und den Ritualen. Wie immer gibt es ein paar unbelehrbare die alles und jeden fotografieren müssen, aber reden hilft da auch nicht mehr. Das Kloster ist auf jeden Fall sehr beeindruckend. 

 

Abends sitzen wir noch im vom Ofen gewärmten Aufenthaltsraum zusammen, bevor sich jeder nach einem tollen Tag in seinen Schlafsack kuschelt und versucht, sämtliche Körperteile warm zu bekommen und zu halten… ich bin so froh über meinen, dicken, tollen, kuschligen Schlafsack. Der ist so schön, dass ich ihn morgens kaum verlassen mag. Nun gut, vielleicht liegt es auch an den 2 Grad Zimmertemperatur. :-D

Zu Hause brauche ich dann eigentlich auch nicht mehr zu heizen, man kommt auch mit kaltem Wasser und kalten Räumen klar… naja, vielleicht auch nicht. :-P

 

Übrigens: Ich kann gerade keine Fotos hochladen, das mit dem Internet funktioniert nur sehr schleppend. 

 

Distanz: 15,7 km; Gehzeit: 5:17 Stunden; 842 m hoch, 204 m runter.

 

Tag 7 - Pisang nach Manang (3.540 m)

Der Start in einen wunderschönen Tag beginnt genauso wie die letzten. Wecker 6:15 Uhr, Tasche vor die Tür kurz vor sieben, sieben Uhr Frühstück. Heute gibt es Porridge. Kann man machen, muss man nicht. Schmeck etwas langweilig. 

Aber der Rest des Tages wird überhaupt nicht langweilig. Wir haben einen langen Tag vor uns. 19 km, ca. 8 Stunden Gehzeit. Die Höhenmeter klingen ganz harmlos, aber so ist es dann doch nicht. 

 

Erst einmal geht es eine Stunde lang ziemlich eben durch Wälder. Die Sonne ist uns wieder sehr freundlich gesonnen. Und nach einer ziemlich kalten Nacht wird es schnell warm. Dann geht es bergauf, langsam aber stetig schrauben wir uns ca. 600 m nach oben. Von links guckt uns die ganze Zeit der Annapurna 2 zu. Mit gut 7.900 m überragt er gerade alles. Aber auch die anderen Berge zaubern ein tolles Panorama. 

Mit Pole Pole, also dem tansanischen Ausruf für laaaaaangsam, geht es gut voran. Also langsam, aber dafür gesund und munter. Den ersten Trinkstopp machen wir in einem Kloster mit einer riesigen Gebetsmühle und einem tollen Blick auf die Berge. Bis zum Mittag bleiben wir auf knapp 3.800 m. Die Pause ist heute nur kurz, da wir noch ein wenig Strecke zurück legen müssen. 

 

Und so geht es dann erst einmal heftig bergab. Mal eine neue Erfahrung. Der Weg ist toll, das Wetter ist toll, die Stimmung ist blendend und das Panorama ist sowieso der Brüller. Inzwischen zeigen sich Annapurna 2, 3 und 4. Die sind übrigens nach der Höhe sortiert. Der kleinste heißt übrigens nicht Annapurna 5 sondern Annapurna Süd. Und den ersten und mit 8.019 m der höchste, werden wir wohl erst nach der Passüberschreitung sehen. 

Allerdings wird es kalt sobald die Sonne hinter den Bergen verschwindet. Wir erreichen Manang gegen halb fünf. Es ist noch hell, aber kalt. 

Die Zimmer werden verteilt und es gibt, jucheeeee, Komfortzimmer. Die haben zwar auch keine Heizung, aber immerhin eine eigene Toilette und sogar eine Dusche… allerdings eine kalte. Wenn wir Glück haben, gibt es aber morgen wieder warmes Wasser. Wäre ganz schön, nach einer Woche wieder mal die Haare zu waschen. 

 

Abends gibt es Yak Burger, schmeckt lecker, aber nicht unbedingt viel anders als Rind, mit Pommes. Mal was anderes. Und ziemlich zeitig verkrümeln sich alle in ihre warmen Schlafsäcke. Morgen ist Regenerations-  und Anpassungstag, da können wir „ausschlafen“, Frühstück um halb acht. :-D Aber immerhin muss ich nicht vorher wieder Taschen Tetris spielen. Wir bleiben eine weitere Nacht hier. 

 

Distanz: 20,04 km; Gehzeit: 7:39 Stunden; 855 m hoch, 630 m runter.

 

Tag 8 - Akklimatisations- und Ruhetag in Manang

Heute ist Ruhetag… das heißt ausschlafen, der Wecker klingelt erst um 7  Uhr :-D Dann gibt es Frühstück und wir machen uns auf zu unserem Anpassungswalk. Es geht gut 200 m nach oben, von dort haben wir einen tollen Ausblick auf Manang, aber auch auf das Annapurnamassiv. Im nächsten Tal steigen Staubwolken auf und Awi erklärt uns, dass das bereits morgens losging und wahrscheinlich ein ziemlich großer Erdrutsch ins Tal gestürzt ist. Leider liegt dort genau der Weg zum Basislager des Tsiong. Ich hoffe, es sind keine Menschen zu Schaden gekommen. Unser Weg führt morgen ins Nachbartal, wir werden also nicht betroffen sein, aber plötzlich wird einem klar, wie hilflos man den Naturgewalten ausgesetzt ist. Gestern wurden wir schon Zeugen einer Lawine, die ging aber weiter oben ab und hat weder Wege noch Dörfer betroffen. 

 

Zum Mittag sind wir zurück im Hotel. Meine Wäsche, die ich gestern wohlweislich schon gewaschen habe, ist leider trotz der Leine direkt am Fenster mit Sonneneinstrahlung nicht trocken geworden. Also mache ich es wie alle anderen und hänge die Schlüpper und (immer noch) dreckigen, aber nicht mehr stinkenden Socken im Hof auf. Ich hoffe, dort hilft der Wind und die Sonne, dass der Kram bis heute Abend trocken wird. 

Dann wird gegessen. Wir nehmen nur ein Süppchen, der Kuchen (und Kaffee) in einer der örtlichen Bäckereien lockt. 

 

Nach dem Essen kommt der Wassercheck. Das Wasser ist immer noch kalt, also keine Haare waschen und gleich los. Wir machen einen kleinen Gang durch Manang und enden da, wo wir enden wollen: in der Bäckerei. Der Kaffee ist, unter Berücksichtigung, dass wir irgendwo am Ende der Welt oder besser gesagt auf dem Dach der Welt hocken, ziemlich gut. Und auch über die Schokoschnecke kann man nicht meckern. Und während wir da so sitzen, werden auch gleich mal die nächsten Etappen durchdiskutiert. In den nächsten drei Tagen sind wir auf jeden Fall weit weg von allem Luxus. Kein warmes Wassser, kein Internet (waaaaas??? Das geht doch nicht) und keine Shoppingmöglichkeiten. Also müssen die Vorräte aufgefüllt werden. Vor allem Klopapier und sämtliche Snacks. Ja, es gibt auf den Toiletten hier wirklich kein Klopapier… nirgends. Man kann sich den Popo mit eiskaltem Wasser abspülen, will man aber nicht wirklich. Erst recht nicht, wenn man kein Handtuch dabei hat. 
 

Distanz: 3,72 km; Gehzeit: 2:34 Stunden; 300 m hoch, 313 m runter… hä? Wie geht das denn???

 

Jetzt bin ich erst einmal ein paar Tage im Off des Himalaya. Wir steigen auf 5.400 m und Überschreiten den Pass. Auf der anderen Seite melde ich mich wieder zurück.

 

Tag 9 - Manang nach Chuli Ledar (4.200 m)

Nach einer angenehmen Nacht geht es wie immer nach dem Frühstück los. Die Sonne scheint, der Himmel ist quietschblau und wir gehen heute abseits der Straße. Warum?  Ab Manang gibt es keine Straße mehr. Ab jetzt wird alles nur noch mit Trägern oder Eseln transportiert. 

Der Weg ist toll und die Berge zeigen sich von ihrer besten Seite, auch wenn die Schneegipfel etwas weniger werden und sich langsam die graue Steppe breit macht. Und Bäume gibt es inzwischen auch in Nepal nicht mehr. Nur noch ein paar Büsche und Blauschafe. Die krabbeln an den Seiten herum und man muss ein bisschen aufpassen, dass sie keine Steine lostreten. 

 

Unterwegs geht es vorbei an einigen Stupas und Gebetsmühen, die natürlich alle gedreht werden wollen. Die Kulisse ist weiterhin ein Traum. Aber es wird kälter und windiger. Daher gibt es das Mittagessen auch erstmals drinnen. Das Dal Bat ist lecker und gibt Kraft für den finalen Aufstieg nach Chuli Ledar. Bei der Zimmerverteilung werden die Einzelzimmer gelost und ich bekomme eines ohne Bad. Mist. Das Zimmer ist super und sauber, aber es ist saukalt und das Klo ist weit weg. Schon in den letzten Tagen hatten wir Eis auf den Eimern im Bad. Ok, irgendwann trifft es jeden, aber bei der Kälte ist es ärgerlich. Wir machen noch einen Spaziergang zum Akklimatisiere, es geht über Weiden und es fällt mir ein wenig schwer. Bis jetzt hatte ich keine Probleme mit der Höhe, aber jetzt doch. Mit dem Abstieg erhole ich mich schnell und wir verbringen den Abend im Aufenthaltsraum. Der ist zwar auch nicht warm, aber alles besser als die kalten Zimmer. Mit einer Runde Kniffel vertreiben wir uns die Zeit bis zum Abendessen und auch danach geht es weiter. Aber um 8 ist Feierabend, das Feuer im Ofen ist runter gebrannt und es wird kalt. Also direkt in den kuscheligen Schlafsack und Kräfte sammeln, schließlich geht es morgen 700 Meter hoch bis zum Highcamp. 

 

Distanz: 12,3 km (+ 1,13 km) Gehzeit: 5:29 h (+ 1:03 h); 750 m (+190 m) hoch; 113 m (+ 150m ) runter

 

Tag 10 - Chuli Ledar nach High Camp (4.900 m)

Auf zum Highcamp auf 4.900 m. 

Die Nacht war vor allem eines: arschkalt. Ich habe mich kaum aus dem Schlafsack getraut. Und den Weg in der Nacht zum Klo habe ich auch nicht gewagt. Da musste der selbstgebaute Pipott herhalten. Ok, zu viele Informationen. Aber bei 15 Grad minus ist jedes Verlassen des Zimmers eine Überwindung. Des Schlafsacks sowieso. Allerdings hat sich auch ein Mäuschen in mein Zimmer verirrt und sich an meinen Keksen im Rucksack verlustiert. Das war doch meine Streckenverpflegung für die Passüberquerung. Aber gut, wir teilen uns die Kekse schwesterlich und jeder bekommt die Hälfte. Aber ab morgen ist der Rucksack und die Tasche immer geschlossen. 

Heute ist aber wieder ausschlafen angesagt. Wecker klingelt um 6:45 Uhr, Frühstück um halb acht, Taschen vorher gepackt vor die Tür, Abmarsch um viertel nach 8. 

Es geht bergauf. Erst nur ein bisschen, dann ein bisschen mehr. Wir gehen den „neuen“ Weg. Der alte hat zwar nicht so viele Höhenmeter, aber es besteht die Gefahr von Gerölllawinen. Da ist in den letzten Monaten wohl einiges passiert. Awi erzählt, dass sie mit Gruppen nur noch mit einem Abstand von 15 Metern zwischen den einzelnen Teilnehmern gehen. Warum? Keine Ahnung, damit nicht gleich alle auf einmal verschüttet werden? Außerdem müssen die Guides ständig nach oben gucken, ob sich wieder ein paar Steine lösen oder von Yaks losgetreten werden. 

Also den neuen Weg, mit mehr Höhenmetern und 40 Minuten länger. Aber dafür sicher. Wir durchqueren das Flussbett mit riesigen Felsen und plötzlich kommt man sich ganz klein vor. Der Fluss ist im Moment nur ein schmales Bächlein, über den das ein paar Brücken gehen, ich möchte nicht wissen, was hier während des Monsun bzw. bei der Schneeschmelze los ist oder im letzten Jahr los war, als alles überflutet und zerstört wurde. Jetzt wird gerade eine neue Hängebrücke gebaut und außerdem begleiten uns nagelneue Strommasten. Im nächsten Jahr gibt es wohl „oben“ nicht nur Strom sondern auch Interne. Ich weiß gar nicht, ob ich das gut finde, aber gibt wohl genug Menschen, die das wollen. 

 

Auch heute rennen einige Unbelehrbare in einem Affentempo an uns vorbei, einige Minuten später sitzen sie dann schnaufend rum und versuchen wieder zu Luft zu kommen. Bei uns geht es stetig und langsam voran und allen geht es gut. Natürlich haben auch wie in der Gruppe die Eine oder den Anderen, die meinen sie wären schneller als die Guides, die werden dann aber schnell wieder eingefangen. 

 

Auf 4.500 m machen wir dann Mittagspause. Heute gibt es… nein! Es gibt kein Dal Bat sondern Nudeln mit Tomatensauce. Ein paar Kohlenhydraten schaden ja auch nicht. Vor allem, wenn man weiß, dass noch 400 Höhenmeter vor uns liegen. Die Luft ist dünn, die Erkältungswelle breitet sich in der Gruppe weiter aus und so geht es nur sehr langsam voran. Macht aber nix, kommt mir sehr entgegen. Aber auch ich fange an zu schniefen. Um halb drei erreichen wir das Thorong High Camp auf 4.900 m. Alle (mehr oder weniger) gesund, keine Kopfschmerzen. Der Gipfelerstürmung morgen steht nichts mehr im Wege. Die Zimmer werden bezogen, einfach aber sauber. Heute hat keiner ein Zimmer mit eigenem Bad und alle müssen bei, heute wohl noch kälteren Temperaturen, über den Hof… und alle wollen die Pipott Alternative ausprobieren. :-D

 

Nach dem Beziehen der Zimmer und Auspacken der Schlafsäcke, gibt es noch einen kleinen Akklimatisierungswalk. 200 m nach oben. 

Danach werden erst einmal die Sachen für morgen zurecht gelegt… und angezogen. Bloß nicht noch die Klamotten wechseln bei der Kälte. Natürlich werde ich nicht mit der Dreckshose in den Schlafsack schlüpfen, aber lange Unterbüx und Oberteile bleiben an. Zumal es morgen schon ziemlich früh los geht. 

 

Am Nachmittag versammeln sich alle im Aufenthaltsraum um den Ofen, dem einzigen Ort hier oben, wo es einigermaßen warm ist. Die elektrischen Geräte werden an den Powerbanks geladen, damit für den großen „Gipfeltag“, eigentlich ist es ja nur eine Passüberquerung, gerüstet ist. Es gibt Abendessen und jeder verschwindet zeitig in den mehr oder weniger warmen Schlafsack. 

 

Distanz: 6,39 km (+ 0,41 km); Gehzeit: 4:33 h (+ 0:29 h); 778 m (+ 46 m) hoch, 131 m (+ 36 m) runter.

 

Tag 11/1 - Überschreitung des Thorong-La-Pass (5.416 m)

Die Nacht ist kurz... und kalt... sehr kalt.Der Wecker klingelt um viertel nach 3. Dann werden alle Klamotten angezogen und auf geht es zum Frühstück. Wieder sitzen alle zusammen, allerdings ist der Ofen aus und der Raum kalt. Entsprechend kurz fällt das Frühstück aus und wir begeben uns, mit Stirnlampen ausgerüstet, auf den Weg. Es ist stockdunkel, nur der Mond liegt in einer ganz schmalen Sichel auf dem Rücken. Dafür leuchten Millionen Sterne... und unsere Lampen. Langsam bewegt sich die Raupe nach oben. Es ist nicht so kalt wie auf dem Kili, aber immer noch kalt genug... finde ich. Vom Weg sehen wir nicht viel, ist ja dunkel, aber dafür wird es um so schöner, als die Sonne über den Bergen aufgeht. ? 

 

Auf der Strecke werden die einzelnen Charaktere meiner Mitreisenden deutlich. Da sind die umgänglichen, aber auch die extremen Egoisten, die sich überhaupt nicht darum scheren, ob sie anderen im Weg stehen oder was der Guide gesagt hat. Warum soll man sich auch an Absprachen halten, wenn man schneller laufen kann und sowieso nur alleine die tollsten Fotos knipsen kann. 

Gut, sollen sie. Ich habe meine Fotos gemacht und bin in meinem Tempo den Weg gegangen. Ohne Höhenkrankheit oder andere Ausfälle. 

 

Und um acht Uhr haben alle den Toronga Pass erreicht. 5.400 m hoch, ein tolles Gefühl. Nach einem Tee und vielen Fotos geht es wieder bergab. Erst steil, dann etwas gemächlicher. 

 

-> ... und wieder runter