Nach meiner gestrigen "Zwangssightseeingtour" und einem fehlenden Mittagsschlaf war ich zu einer frühen, aber nicht ungewöhnlichen (Orts-)Zeit im Bett. Und das hat einen riesigen Vorteil, ich habe keinen Jetlag. :)) Mache ich jetzt immer so.
Zeitig im Bett, zeitig aufstehen. Aber nicht mitten in der Nacht sondern ganz moderat um acht. Dass das so problemlos funktioniert, hätte ich nicht gedacht, zumal mir in den letzten Monaten ja der Schichtdienst für die Vorbereitung ungewöhnlicher Schlafenszeiten fehlt. Aber perfekt.
Im Hotel gibt es ein hervorragendes à la carte Frühstück, sehr ungewöhnlich so ohne Buffet, aber mega lecker. Es gibt eine Vege Bowl, mit viel frischem Gemüse, Rührei, Hashbrown und einer Scheibe Toast. Morgen probiere ich mal die Waffel. Nur eine Tasse Kaffee ist für mich etwas wenig. Aber der Kaffeekonsum wird sich im Laufe des Tages noch erhöhen.
Danach ziehe ich los, weiter die Stadt zu erkunden. Es fühlt sich an wie in Hamburg, kalt und windig. Gut, dass ich meine Daunenjacke mitgenommen habe, schlecht, dass sie im Hotel geblieben ist. Mein Weg führt mich durch die unzähligen Passagen und Gassen. Vorbei an faszinierender Streetart und unzähligen netten, kleinen Cafés. AHHH! Da ist er, der fehlende Kaffee.
Draußen sitzen ist heute leider nicht, dafür ist es wirklich zu kalt. Jetzt wird mir auch klar, warum die Schafshirten vor der Kälte gewarnt wurden... aber ich dachte, den Schafen müsste mit ihrer Wolle angenehm warm sein. Nun gut, gibt ja auch bei uns Schafskälte, aber ich dachte, das wäre im Hochsommer und hier ist doch gerade erst Frühling. Aber die Cafés sind natürlich nicht der Grund für meine Wanderung, es sind tatsächlich die inzwischen hippen, früher eher schmuddeligen, mit Basaltkopfsteinen gepflasterten Gassen voller Straßenkunst, kleiner, angesagter Bars und Restaurants. Für Essen ist es noch zu früh, für einen Drink erst recht, also bleibe ich bei der Kunst. Leider werde ich zwischendurch wieder zu einem Kaffee gezwungen, es schüttet aus Kübeln, immerhin habe ich die Regenjacke dabei, aber auf eine Regenhose habe ich verzichtet und beschließe, eine Pause einzulegen.
Und auch am Ende der Tour beginnt es wieder zu regnen und ich werde auf dem Federation Square geradezu in die Nationalgalerie getrieben. Ein Abstecher der sich auf jeden Fall lohnt. Hier werden antike Artifakte genauso ausgestellt wie die Kunst der indigenen Ureinwohner und moderne, manchmal etwas seltsam anmutende, Werke ausgestellt. Und es gibt einen sehr interessanten Teil: über die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der bewegten Bilder. Puh, endlich weiß ich, wie Fernsehen gemacht wird. :)
Als ich wieder raus komme, scheint die Sonne und in der ist es tatsächlich warm, aber leider wird sie oft von den Hochhäusern verdeckt und dann macht der Wind es sofort wieder unangenehm. Ich bummele trotzdem noch durch die Straßen und am Yarra River entlang, bevor es mich hungrig und müde zurück ins Hotel treibt.
Und es beginnt ein neuer Tag. Entweder geht's zum Victoria Market und in den Knast oder auf das Skydeck und nach St. Kilder. Ich warte mal das Wetter ab.
Erst einmal war die Nacht etwas anstrengend, ich zähle jetzt auch zu der schniefenden und hustenden Masse, die sich durch die Straßen schleppt und heute Nacht machte sich das leider unangenehm
bemerkbar. Aber nur die Harten kommen in'n Garten und deshalb wird nicht geschwächelt. Ist schließlich auch schon der letzte Tag in Melbourne. Morgen geht's ja schon weiter.
Also erst einmal Frühstück. Ich hatte mir ja sehr viel von der Belgischen Waffel versprochen, die sieht auch wirklich toll aus und schmeckt auch so... aber zum Frühstück ist es dann doch nicht ganz
das Richtige für mich, ziemlich süß, ziemlich fettig und mit einer Menge Butter verziert.. Aber, ich hätte mich geärgert, wenn ich sie nicht probiert hätte. Danach treibt es mich erst einmal in die
Apotheke und ich kämpfe mich durch die Beschreibungen von etwa 200 Nasensprays. Ob ich am Ende das richtige gewählt habe? Wir werden sehen.
Danach wandere ich direkt weiter zum Queen Victoria Market. Mit ca. 600 Ständen ist der "Vic Market" der größte Freiluftmark der südlichen Hemisphäre... da ist es wieder, wie ich dieses Wort vermisst habe. Ich habe bei uns noch nie gehört, dass einer sagt "in der nördlichen Hemisphäre" :-D
Aber das Ganze ist eigentlich nur Statistik. Es ist immer noch saukalt und windig, auf dem Markt ist nicht viel los und es sind bestimmt auch keine 600 Stände dort. Aber trotzdem ist es ganz spannend.
Und noch interessanter als die Freiluftstände, sind die Markthallen. Eine für Fisch und Fleisch, eine andere für die restlichen Leckereien aus allen Teilen der Erde: Polnische Wurst, französischer Käse, asiatische Momos und natürlich gibts auch die deutsche Bratwurst. Die Darbietung ist allerdings genauso deutsch wie bei uns der Döner oder der Croque. Aber natürlich gibt es die Bratwurst im Brot vor allem mit Sauerkraut (heißt auch so) und deutschen (!) Senf. Ich habe keine Ahnung, was den so ausmacht. Nachdem ich mir alles genau angeguckt hab, auch die Art-Déco-Elemente in den Hallen, geht es wieder zurück zum Yarra River.
Ich besteige die Straßenbahn, in der gesamten Innenstadt Melbournes fahren nur Straßenbahnen, im inneren Circle sind die sogar kostenlos, aber keine Busse. Die kommen nur in den Vororten und etwas abseits des Trubels zum Einsatz. Also fahre ich mit der Tram nach St. Kilda.
St. Kilda ist quasi der Strand bzw. das Strandbad von Melbourne. Es liegt etwa fünf Kilometer von der Innenstadt entfernt und hat seine besten Zeiten auch schon gehabt. Also ich 1998 das erste Mal hier war, pulsierte vor allem das Backpackerleben. Eigentlich war es sogar total uncool, nicht in St. Kilda abzusteigen. Inzwischen ist selbst das ziemlich tot. Aber die alten viktorianischen Gründerzeitenvillen, die leider zum Teil auch sehr ramponiert aussehen, sind Zeugen, dass es hier mal richtig schön war. Leider ist auch das Wetter immer noch nicht strandtauglich, eigentlich eher das komplette Gegenteil. Es weht ein strenger und vor allem kalter Wind und außer ein paar vermummten Gassigehern, haben sich nur sehr wenige Touristen an die Strandpromenade verirrt. Gehört doch schließlich dazu. Und auch ich lasse mich vom Wetter nicht abhalten und ziehe meine Runde durch. Erst Promenade am Strand, dann die Acland Street mit zahlreichen Bars und Cafés entlang. Es sieht ganz schön traurig aus, fast jeder zweite Laden ist leer und verlodert, ich hoffe, zur Saison ist es hier wieder etwas trubeliger. Dann steige ich wieder in die Straßenbahn und fahre, an der Formel 1 Strecke vorbei, wieder in die Stadt.
Der Abend ist ruhig. Ich gönne mir ein Abendessen im Hotel und fange mal an zu packen. Dabei höre ich in den Nachrichten, dass es der kälteste Oktober seit 1946 ist... what? Was soll das denn? Ich hatte schon den kältesten August in Hamburg oder war es September, wahrscheinlich beides. :( Und sie haben gerade auch noch sehr anschaulich dargestellt, warum das so ist, kommt direkt aus der Antarktis. Super, so hatte ich mir das nicht vorgestellt. Aber vielleicht kommen dann am Sonntag ganz viele Pinguine nach Philip Island, weil sie sich bei der Kälte sauwohl fühlen... nee, ok, die sind ja auch bei 20 Grad da. Abwarten, ich kann es eh nicht ändern. Hauptsache, der Camper hat eine Heizung. ? Morgen geht's weiter!
-> Hardy und ich in Victoria